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Zur entgeltlichen Übernahme ärztlicher Notfalldienste

Konsequente Fortführung der bisherigen Rechtsprechung

Die Umsatzsteuerfreiheit medizinischer Leistungen hängt bekanntermaßen entscheidend davon ab, ob ein therapeutischer Zweck vorliegt. Doch wie weit ist der Begriff zu fassen? Muss überhaupt eine konkrete Behandlung durchgeführt werden?

Mit diesen Fragen sah sich der BFH in seinem Urteil vom 14. Mai 2025 konfrontiert und bestätigte seine nicht allzu enge Auslegung zur Annahme von Heilbehandlungsleistungen i. S. v. § 4 Nr. 14 UStG

Im Urteilsfall übernahm ein Arzt vertretungsweise Notdienste für Berufskolleg:innen

Der selbstständige Arzt A übernahm in den Jahren 2012 bis 2016 vertretungsweise den ärztlichen Notfalldienst i. S. d. § 75 Abs. 1b SGB V für andere Ärzte und befreite diese in einem bestimmten Zeitraum von ihrem Dienst. Neben den durchgeführten (Heil-)Behandlungen, die er gegenüber den Krankenkassen abrechnete, rechnete er seinen Vertretungsdienst auf Stundenbasis gegenüber den ursprünglich eingeteilten Ärzten ab.

Fraglich war, ob auch diese Übernahme der Vertretungsleistung gegen Entgelt eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung darstellen kann.

Der BFH legt die Anforderungen an den Begriff der Heilbehandlung weit aus

Laut § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin steuerfrei, wenn sie im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit erfolgen. Der Begriff „Heilbehandlung“ umfasst dabei alle Leistungen, die der Diagnose, Behandlung oder Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen. Entscheidend ist, dass die Leistung einen therapeutischen Zweck verfolgt und durch einen Arzt bzw. eine Ärztin oder entsprechend qualifizierte Personen (sog. ähnlicher Beruf) ausgeführt wird.

Bezugnehmend auf den in Rede stehenden Sachverhalt führt der BFH aus: 

  • Der Begriff des therapeutischen Zwecks – dem eine Heilbehandlung zu dienen hat – darf nicht zu eng verstanden werden. Bereits die ständige Anwesenheit und Einsatzbereitschaft zur Behandlung der Patienten dient in ausreichendem Maße dem therapeutischen Zweck. Mithin gehört auch die Vergütung für Sicherstellung (Übernahme) des Notdienstes an sich – neben dem ärztlichen Honorar selbst – zur Heilbehandlung.
  • Gleichzeitig ist nicht relevant, wer als Leistungsempfänger im umsatzsteuerlichen Sinne auftritt. Entscheidend ist allein, dass die Heilbehandlung durch einen Arzt bzw. eine Ärztin oder eine vergleichbar qualifizierte Person ausgeübt wird. 

Damit seien im Sachverhalt alle Anforderungen an § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfüllt. Der Arzt als begünstigte Person übernimmt den Notfalldienst nicht nur organisatorisch, sondern gewährleiste mit seiner ständigen Einsatzbereitschaft die tatsächliche Versorgung von Patien:innen im Einsatzgebiet. Das allein stelle eine Heilbehandlungsleistung dar.

Damit führt der BFH seine bisherige Rechtsprechung zur Umsatzsteuerbefreiung ärztlicher Bereitschaftsdienste bei Großveranstaltungen sowie der steuerfreien Subunternehmerstellung bei ärztlichen Kooperationen konsequent fort. Er legt den Begriff der Heilbehandlung tendenziell großzügig aus und stellt bei Versorgungsleistungen vorwiegend darauf ab, ob die Leistung durch einen Arzt oder anderes medizinisches Personal erbracht werden muss.

In der Praxis bleibt eine exakte Betrachtung der Leistungsbeziehung entscheidend

Gerade Kooperationen zwischen Ärzten sowie Krankenhäusern und Ärzten könnten von dieser Rechtsprechung profitieren. Aber auch Bereitschaftsdienste bei Großveranstaltungen oder Rettungsdienstleistungen durch Notfallsanitäter können hierdurch begünstigt werden. So sollte – unter Anwendung der Rechtsprechung – der Fokus bei der rechtlichen Gestaltung von Kooperationen auf der Erbringung ärztlicher oder arztähnlicher Leistungen liegen. Diese können umsatzsteuerfrei gestaltet werden, auch wenn die Vereinbarung zwischen verschiedenen Leistungserbringern – also nicht unmittelbar mit Patient:innen oder mit Krankenkassen – geschlossen wird. 

Vorsicht ist geboten, wenn die zu Grunde liegende Vereinbarung lediglich eine Gestellung medizinischen Personals zum Gegenstand hat. Solche Kooperationen werden von Finanzverwaltung und Rechtsprechung häufig kritisch gewürdigt.  

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