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Kooperationen in der Gesundheitswirtschaft

Umsatzsteuerrechtliche Fallstricke der Zusammenarbeit

Kooperationen zwischen Krankenhäusern und ambulanten Leistungserbringern – wie Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) oder niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten – gewinnen angesichts der aktuellen gesundheitspolitischen Entwicklungen weiter an Bedeutung. Neben medizinischen und organisatorischen Herausforderungen rücken dabei durch Aufgriffe der Finanzverwaltung in Betriebsprüfungen zunehmend steuerrechtliche Fragestellungen in den Mittelpunkt. Insbesondere die umsatzsteuerliche Behandlung von Kooperationsleistungen stellt für viele Akteure ein zentrales Hemmnis dar: Die Gefahr einer Umsatzsteuerpflicht und die damit verbundene Kostenbelastung von 19 % können die Wirtschaftlichkeit und Attraktivität solcher Kooperationen erheblich beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund möchten wir den Blick auf aktuelle Tendenzen richten und erste Lösungsansätze daraus darstellen.

Viele Kooperationen in der Gesundheitswirtschaft erfolgen aufgrund einer gemeinsamen Zweckverfolgung in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Diese kann bewusst gegründet werden, beispielsweise im Rahmen einer gemeinsamen Nutzung von Personal und Infrastruktur zur Kostenteilung. Andererseits entstehen GbR aber auch unbeabsichtigt durch Kooperations- oder Dienstleistungsverträge, die eben keine Dienstleistungen regeln, sondern eine gemeinsame Zweckverfolgung.

Unternehmereigenschaft der GbR

Kooperationen sollen, wie dargestellt, regelmäßig so gestaltet werden, dass sie die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur und eine damit einhergehende Kostenteilung regeln. In solchen Konstellationen besteht die Gefahr, dass sich aufgrund eines historischen Wachstums oder komplexerer Strukturen umsatzsteuerrechtliche Fallstricke ergeben. So kommt der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 5. September 2024 – XI R 37/21 zu dem Ergebnis, dass eine ursprünglich als Kostenteilungsgesellschaft gegründete GbR durch Übernahme von Arbeitsverträgen und Dienstleistungsverträgen selbständig tätig wird und daher als Unternehmerin Leistungen – unter anderem gegenüber ihren Beteiligten – erbringen kann.

Der EuGH als höchste gerichtliche Instanz im Umsatzsteuerrecht scheint die Unternehmereigenschaft im Urteil vom 3. April 2025 – C-213/24 noch weiter zu fassen. Demnach kann eine Unternehmereigenschaft bereits dann vorliegen, wenn eine Gemeinschaft gegenüber einem Dritten gemeinsam ein Risiko trägt.

Folge der Unternehmereigenschaft ist im Wesentlichen, dass zwischen Beteiligten und GbR umsatzsteuerbare Leistungsbeziehungen bestehen können. Gängige Leistungsbeziehungen sind Geschäftsführungsleistungen, Verwaltungsleistungen oder Geräteüberlassungen. Steuerbare Leistungsbeziehungen wären dann in einem nächsten Schritt auf mögliche Steuerbefreiungsnormen – denkbar sind § 4 Nr. 14 und § 4 Nr. 29 UStG – zu überprüfen.

Umsatzsteuerfreie Leistungserbringung

Auch für den Fall, dass keine gemeinsame Zweckverwirklichung, sondern eine gegenseitige Leistungserbringung vereinbart wird, hat sich die Rechtsprechung weiterentwickelt. Der BFH kommt im Urteil vom 18. Oktober 2023 – XI R 18/20 zu dem Ergebnis, dass eine Heilbehandlung vorliegen kann, wenn Ärzte eines Krankenhauses Operationsdienstleistungen in den Räumlichkeiten eines anderen Krankenhauses erbringen. Entscheidend sei, dass eben keine Personalgestellung vorliegt, sondern eine Dienstleistung, die die Voraussetzungen an eine Heilbehandlung im Sinne von § 4 Nr. 14 UStG erfüllt.

Darüber hinaus hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 14. Februar 2024 – 7 K 7004/22 eine Kooperation zwischen einem Medizinischen Versorgungszentrum und einem Pflegeheim beurteilt. In dem Sachverhalt wurden neben einer ambulanten Behandlung verschiedene unterstützende Leistungen erbracht. Zu den Leistungen gehörte unter anderem die ärztliche Regelvisite, Fallbesprechungen oder die Überprüfung der Medikation. Die Leistungen wurden über einen Vertrag über die integrierte Versorgung gem. § 140a SGB V mit den Krankenkassen abgerechnet. Das Finanzgericht ist diesbezüglich zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die unterstützenden Leistungen, die neben der eigentlichen ambulanten Behandlung erbracht werden, umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen darstellen.

Fazit

Die Häufung von finanzgerichtlicher Rechtsprechung im Bereich der Umsatzsteuer zeigt, dass die Finanzverwaltung einen erhöhten Fokus auf Kooperationen in der Gesundheitswirtschaft legt. 

Die Urteile zeigen aber auch, dass die steuerrechtlichen Regelungen Spielraum für steuerfreie Kooperationen bieten. Kooperationspartner sind daher aufgerufen, die umsatzsteuerrechtlichen Spielregeln bei der Gestaltung der Kooperationen zu berücksichtigen. 

Gerne unterstützen wir Sie bei der rechtssicheren Ausgestaltung. Jetzt Kontakt aufnehmen!